
Einleitende Worte: Die Abkehr von der Weiblichkeit
In diesem Beitrag geht es um die dringliche Notwendigkeit der Berücksichtigung des weiblichen Zyklus in der Medizin. Der weibliche Zyklus war jahrhundertelang ein Stiefkind der Schulmedizin. Er war und ist zwar gründlichst erforscht hinsichtlich allen kleinsten Details der Hormone, Zellen und vielem mehr, aber eine Therapie oder Verhaltensschulung der Frau angepasst an den Zyklus war offenbar nicht nötig. Das hat natürlich Gründe.
Mit der Entwicklung der Schulmedizin parallel zum Aufstieg der Zivilisation wurde aus einer jahrtausendealten Naturmedizin eine Medizin des Mannes, der Macht und der Kirche. Es wurde eine Medizin der Maschinen, der Analysen und der Fachbücher, wo die Fachmeinung des vermeintlichen Halbgottes in Weiss wichtiger war, als die Aussage der Patientinnen.
Heilerinnen und Heiler, nahe an der Natur selbst und der Natur des Menschen und deshalb auch nahe am biologischen Rhythmus der Frau wurden verdrängt vom technokratischen Verständnis des Menschen als Maschine, bestehend aus Teilen, die man am besten auch unabhängig voneinander behandeln muss.
Das Resultat davon ist natürlich nicht nur schlecht und doch nicht nur positiv. Wir können viel und doch noch so viel nicht. In diesem feuchten Technokratentraum ging etwas verloren, was jahrtausendelang zentral war: Der Biorhythmus der Frau. Das Uhrwerk der Gesellschaft.
In vielen dieser traditionellen Gesellschaften und indigenen Kulturen spielte der Menstruationszyklus der Frau eine bedeutende Rolle und war oft eng mit sozialen, spirituellen und kulturellen Praktiken verbunden. Es gibt zahlreiche Berichte darüber, dass Naturvölker den Menstruationszyklus als natürlichen und wichtigen Teil des Lebenszyklus wahrnahmen und in manchen Fällen sogar ihre Aktivitäten oder Rituale daran orientierten.
Und dann kam die "Zivilisation" und damit der Mann. Das Patriarchat, geführt von der katholischen Kirche verbannte zunehmend die "Frau" und ihre Aufgabe als Uhr der Natur, verbrannte die Hexen und benannte die hormonassoziierten psychischen Phasen der Frau als Hysterie. Die Gebärmutter, die Mutter allen menschlichen Lebens musste, sobald es technisch möglich war, raus aus diesen hysterischen Frauen! Kein Wunder heisst die Gebärmutterentfernung Hysterektomie, die Entnahme der Hysterie.
Doch es geht auch anders. Und es muss anders gehen! Das Leben von vielen Frauen hängt davon ab!
Der Zyklus kann töten!
Die Daten sind klar. Bei einer Suche nach Studien zum Thema Zyklus und Psyche mit elf hochqualitativen Studien, wiesen neun Studien darauf hin, dass die Suizidrate während der Menstruation am höchsten war und zwei Studien, dass diese Raten prämenstruell am höchsten waren.
Handy, Ariel B et al. “Psychiatric Symptoms Across the Menstrual Cycle in Adult Women: A Comprehensive Review.”
Diese schockierende Erkenntnis erschien in einem Artikel, der in der April-Ausgabe 2022 des Harvard Review of Psychiatry veröffentlicht wurde. Also nix neues und doch sehr neu. Bedenken wir, dass die neusten Forschungserkenntnisse meist zwischen 5 und 15 Jahre brauchen, bis diese in der Ausbildung der Mediziner ankommen.
Spannenderweise verbindet die Studie spezifische Phasen des Menstruationszyklus mit Psychosen, Manien, Depressionen, Essanfällen und Alkoholmissbrauch – Komorbiditäten, die ausserhalb schwerer psychiatrischer Störungen selten auftreten.
Herausfordernd für die herkömmliche Sicht des Menstruationszyklus als blosse monatliche Unannehmlichkeit, die man am besten einfach übersieht, enthüllt diese Forschung hormonelle Schwankungen als komplexe physiologische Prozesse mit tiefgreifender (und potenziell tödlicher) Wirkung auf die physische und mentale Gesundheit von Frauen – eine Wirkung, die weit über die allgemein bekannten Symptome des prämenstruellen Syndroms (PMS) hinausgeht.
Das zeigt ganz klar, dass qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung zyklusbewusst sein muss. Wir müssen die hormonellen Rhythmen der Frau wahrnehmen und in die Versorgung der Frau einbeziehen. Doch wie soll das gehen, wenn der 10 Minutentakt eines Gesundheitssystems am finanziellen Abgrund gerade mal zulässt, einen Krebsabstrich zu machen?
PMS ist extrem häufig!
Die Statistiken zeichnen ein eindrucksvolles Bild: Menstruierende Frauen machen etwa 26 % der Weltbevölkerung aus, im Alter von etwa 12 bis 55 Jahren. Im Laufe ihres Lebens erleben Frauen durchschnittlich 450 Perioden, was etwa 3.500 Tagen oder sieben Jahren Menstruation entspricht.
Über 90%! der Frauen leiden unter einem prämenstruellen Syndrom (PMS). Das, meine lieben Männer, ist übrigens nicht sehr lustig. Es ist beinahe so schlimm, wie die männliche Erkältung, welche ein medizinischer Notfall erster Güte ist. Ein kleiner Witz natürlich, um die Tragik dieser 90% ein wenig zu mildern.
Da muss doch was getan werden, oder?
Ja, aber wie so oft steht die Frau alleine da. Und so sucht Sie Hilfe in der digitalen Welt.
Auf der Suche nach Verständnis und Bestätigung sucht die Frau dann in Online-Foren nach Antworten, folgt Wellness Influencern und versucht, sich selbst zu diagnostizieren. Während einige glücklicherweise auf vertrauenswürdige Quellen stossen, fallen andere Fehlinformationen oder unablässiger gezielter Werbung zum Opfer.
Oft steht die Frau nach dieser digitalen Entdeckungsreise überfordert und unsicher da. Und hier möchte ich mit einem ganz kleinen Leitfaden einmal Hilfestellung geben und Hoffnung machen. Es tut sich was in der Medizin. Wir sehen es unter anderem genau in dieser Social Media Welt. Denn dort ist es zusehends ein grosses Thema!
Back to the roots!
Praktiken wie das "seed cycling" (Nüsse und Samen Ernährung basierend auf dem Zyklus), Yin-Yoga und zyklusspezifische Nahrungsergänzungsmittel erfreuen sich wachsender Beliebtheit. An der Spitze dieser Bewegung steht das sogenannte „Cycle Syncing“ – eine Methode, die Bewegung, Ernährung und den allgemeinen Lebensstil mit dem natürlichen Rhythmus des Menstruationszyklus in Einklang bringt, um Symptome zu reduzieren, die Leistung zu optimieren und das allgemeine Wohlbefinden zu verbessern.
Das Aufschlüsseln des Vier-Phasen-Zyklus
Um das volle Potenzial der zyklischen Hormonverschiebungen zu nutzen, ist es entscheidend, die Feinheiten des Menstruationszyklus selbst zu verstehen. Nur schon der Gedanke, dass der Zyklus etwas extrem wertvolles ist, muss wieder in die Köpfe der modernen Welt!
Der durchschnittliche Menstruationszyklus dauert etwa 28 Tage, kann aber zwischen 21 und 35 Tagen variieren. Er besteht aus vier klar abgegrenzten Phasen:
Menstruation
Follikelphase
Ovulation
Lutealphase

Jede Phase bringt eine Reihe von Symptomen mit sich – sowohl angenehme als auch unangenehme – und wichtige Überlegungen für die allgemeine Gesundheit und das Wohlbefinden.
Der funktionale Leitfaden für zyklusbasierte Medizin
Durch das Verstehen dieser einzelnen Phasen und ihrer jeweiligen Eigenschaften können wir eine massgeschneiderte, effiziente Unterstützung anbieten, die auf die spezifischen Bedürfnisse von Frauen während ihres Menstruationszyklus abgestimmt ist. Diese Strategie hilft nicht nur bei der Symptomkontrolle, sondern nutzt auch die Vorteile jeder Phase, um das allgemeine Wohlbefinden zu steigern. Dadurch wird die körperliche sowie geistige Leistungsfähigkeit maximiert, wodurch Frauen sich stärker und sicherer in Bezug auf ihre Gesundheit fühlen.
Ich gestehe, dass auch ich hier bei meinem Ansatz noch deutlich Optimierungspotenzial habe. Es braucht als Mann ein tiefes Einfühlungsvermögen um das Bewusstsein für den weiblichen Zyklus entwickeln zu können.
Einfach Hormone zu geben, ist nur ein Teil der Betreuung.
Zu den einzelnen Phasen nun spezifisch:
Menstruation
Zeitraum: Tage 1-5
Hormonelles Umfeld: Östrogen und Progesteron sinken erheblich.
Typische Symptome:
Die Menstruation bringt oft viele körperliche und emotionale Symptome mit sich. Zu den häufigsten Beschwerden gehören
Bauchkrämpfe
Blähungen
Stimmungsschwankungen
Reizbarkeit
Kopfschmerzen
Müdigkeit
Rückenschmerzen
Verdauungsprobleme und Übelkeit
Atypische Erscheinungen:
Einige Frauen können auch Hitzewallungen, Nachtschweiss, leichte Blutergüsse, Herpesausbrüche, verschlimmerte Allergiesymptome, Schwindel, Tinnitus, Halsschmerzen, Schmerzen ausserhalb des Beckenbereichs sowie Mund- oder Zahnfleischschmerzen erleben.
In seltenen Fällen können Frauen Essstörungen, selbstverletzendes Verhalten, Suizidgedanken, Verschlimmerungen von posttraumatischen Belastungsstörungen, Suchtverhalten und in seltenen Fällen psychotische Symptome erfahren.
Optimierung der Menstruationsphase
Ernährung:
Die Wahl der richtigen Lebensmittel kann eine entscheidende Rolle bei der Linderung von Menstruationsbeschwerden spielen. Eisenreiche Lebensmitteln, um den Blutverlust auszugleichen sind jetzt Pflicht. Empfehlenswerte Quellen sind rotes Fleisch, Meeresfrüchte, eisenangereicherte Getreideprodukte, Trockenfrüchte, Nüsse, Hülsenfrüchte, Bohnen und grüne Blattgemüse.
Um die Eisenaufnahme zu verbessern, sollten diese Lebensmittel mit Vitamin-C-Quellen kombiniert werden. Lebensmittel, die reich an Zink sind, können die Gewebereparatur unterstützen, während Omega-3-Fettsäuren, die in Lachs (Achtung: Sockeye-Lachs aus Wildfang hat weniger Toxine), Leinsamen und Walnüssen enthalten sind, helfen können, Menstruationskrämpfe zu lindern.
Das Trinken von Brennnesseltee und eine erhöhte Wasseraufnahme können das Wohlbefinden in dieser Phase zusätzlich unterstützen.
Bewegung:
Während der Menstruation empfiehlt es sich, auf gelenkschonende Übungen zu setzen. Yoga und Pilates können besonders effektiv sein, um Krämpfe zu lindern und die Stimmung zu heben. Leichte Ausdauersportarten wie Spazierengehen oder Wandern können helfen, das Energielevel zu halten, ohne den Körper zu stark zu belasten. Auch sanftes Krafttraining und Dehnübungen können vorteilhaft sein, wobei die Intensität an den individuellen Komfort angepasst werden sollte. Diese sanfteren Bewegungsformen können dabei helfen, Symptome zu kontrollieren und gleichzeitig körperlich aktiv zu bleiben.
Wohlbefinden:
Es ist entscheidend, sich während der Menstruation ausreichend Ruhe zu gönnen. Aktivitäten, die wenig Anstrengung erfordern, wie ein Filmabend anstelle einer durchtanzten Nacht, können helfen, die Energiereserven zu schonen. Stressbewältigungstechniken wie Atemübungen, Achtsamkeit, Meditation oder Tagebuchschreiben können als zusätzliche Unterstützung für die psychische Gesundheit empfohlen werden.
Follikelphase
Zeitraum: Tage 1 bis 14
Hormonelles Umfeld: In der Follikelphase wird Follikelstimulierendes Hormon (FSH) freigesetzt, der Östradiolspiegel steigt, Serotonin erhöht sich, und Progesteron bleibt stabil und niedrig.
Typische Symptome:
Neben Menstruationssymptomen bringt die Follikelphase oft eine willkommene Veränderung der Stimmung und des Energielevels mit sich, was die Produktivität und Motivation steigert und die Kreativität fördert.
Häufig berichten Frauen von reinerer Haut, erhöhter Kraft und verbesserter Ausdauer. Das macht natürlich biologisch gesehen massiv Sinn, in dieser Phase sollte ja eine vermehrte Anziehungskraft auf das männliche Geschlecht die Chance einer Befruchtung während des Eisprungs erhöhen.
Atypische Erscheinungen:
Einige Frauen können Schmierblutungen oder Durchbruchblutungen, verkürzte Follikelphasen (besonders bei jüngeren Patienten), Übelkeit, Kopfschmerzen, Reizbarkeit, Angstzustände und plötzliche Müdigkeit erleben.
Optimierung der Follikelphase
Ernährung:
Während sich der Körper von der Menstruation erholt, bleibt eine eisenreiche Ernährung wichtig. Dazu sollten magere Proteine und komplexe Kohlenhydrate, also z.B. Huhn, Fisch, Vollkornreis und Quinoa hinzugefügt werden, um den steigenden Energiebedarf zu decken. Kreuzblütler wie Brokkoli, Kohl und Blumenkohl können helfen, den steigenden Östrogenspiegel auszugleichen.
Das Trinken von Löwenzahntee unterstützt die Entgiftung von Östrogen und die Leberfunktion.
Bewegung:
Frauen können in dieser Phase zu intensiveren Aktivitäten ermutigt werden. Viele erleben ein erhöhtes Energieniveau und eine gesteigerte Ausdauer, was sich für Aktivitäten wie Laufen, Schwimmen oder Radfahren anbietet. Es ist auch eine großartige Zeit, um sich auf Krafttraining und hochintensives Intervalltraining (HIIT) zu konzentrieren. Trainingseinheiten zur Mittagszeit können das natürliche Energieniveau unterstützen.
Wohlbefinden:
Das erhöhte Energie- und Kreativitätslevel in der Follikelphase macht diese Zeit ideal, um soziale Kontakte zu pflegen und anspruchsvolle Aufgaben in Angriff zu nehmen. Dennoch ist es wichtig, Überanstrengung zu vermeiden, da der Körper noch in der Erholungsphase nach der Menstruation ist. Achtsamkeitspraktiken und Meditation können in jeder Phase des Zyklus helfen, die emotionale Balance zu bewahren.
Ovulation
Zeitraum: Tage 14-17
Hormonelles Umfeld: Während der Ovulation erreichen Östrogen und luteinisierendes Hormon ihren Höhepunkt, der Testosteronspiegel steigt an, und auch der Serotoninspiegel nimmt zu.
Typische Symptome:
Die Ovulation ist gekennzeichnet durch gesteigertes Glück und gute Laune, erhöhte Attraktivität und sexuelles Verlangen, mehr Energie, verbesserte Geselligkeit und Selbstvertrauen sowie einen leichten Anstieg der Basaltemperatur. Einige Frauen können eine kurze Stimmungsschwankung erleben, die mit dem postovulatorischen Östrogenabfall zusammenfällt.
Atypische Erscheinungen:
Weniger verbreitet, aber möglich, sind Ovulationsschmerzen (Mittelschmerz), leichte Schmierblutungen, gesteigerter Geruchssinn, erhöhte Hautempfindlichkeit oder Veränderungen im Appetit. In seltenen Fällen kann die Ovulation Migräne auslösen, besonders bei Frauen mit einer Vorgeschichte von Migräne. Auch vorübergehende Sehstörungen oder Lichtempfindlichkeit wurden berichtet.
Optimierung der Ovulationsphase
Ernährung:
Für Frauen mit Kinderwunsch sollten der Fokus auf B-Vitaminen, eisenreichen Lebensmitteln und Folsäurequellen wie Blattgemüse und Vollkornprodukten liegen. Für andere unterstützen komplexe Kohlenhydrate das gesteigerte Energielevel, und zinkreiche Lebensmittel (Kürbiskerne, mageres Fleisch) sowie Antioxidantien (Beeren) fördern das Immunsystem und wirken Entzündungen entgegen. Eine erhöhte Wasseraufnahme und der Verzehr von probiotischen und magnesiumreichen Lebensmitteln können helfen, eventuelle Ovulationsbeschwerden zu lindern und die Darmgesundheit sowie den Hormonhaushalt zu fördern.
Bewegung:
Die Ovulation ist eine hervorragende Zeit, um sich auf funktionelles Training zur Verbesserung der Ausdauer zu konzentrieren. Viele Frauen haben in dieser Phase ihr höchstes Energielevel, was sich ideal für hochintensives Intervalltraining (HIIT) oder Zirkeltraining eignet.
Wohlbefinden:
Der natürliche Energieschub und das gesteigerte Selbstvertrauen können für wichtige Meetings und gesellschaftliche Anlässe genutzt werden. Dennoch ist es wichtig, die emotionale Balance mit Achtsamkeitsübungen zu wahren. Diese Phase bringt oft eine erhöhte Kreativität mit sich, ideal für Brainstorming oder das Starten neuer Projekte. Bei Ovulationsbeschwerden können Entspannungstechniken wie warme Bäder oder sanftes Yoga empfohlen werden.
Lutealphase
Zeitraum: Tage 15 bis 28
Hormonelles Umfeld: In der Lutealphase erreicht Progesteron seinen Höchststand, und der Östrogenspiegel steigt leicht an. Später im Zyklus sinken Östradiol, Progesteron und Testosteron auf ihre niedrigsten Werte, der Serotoninspiegel fällt, und der Cortisolspiegel steigt.
Typische Symptome:
Die Lutealphase teilt sich in zwei Phasen auf.
Die mittlere Lutealphase umfasst wechselnde Stimmungen und Energielevels, Entspannung, verbesserten Schlaf, Gefühle der Ruhe und positive Stimmung.
Die späte Lutealphase – auch PMS – ist oft durch Blähungen, Stimmungsschwankungen, Gewichtszunahme, Heisshunger, Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Brustschwellungen, Appetitveränderungen, Konzentrationsschwierigkeiten, Angst, Traurigkeit, Depressionen und Reizbarkeit geprägt. Zudem kann die Funktion des Immunsystems in dieser Zeit nachlassen.
Atypische Erscheinungen:
Einige Frauen erleben Hitzewallungen, Nachtschweiss, leichte Blutergüsse, Herpesausbrüche, verstärkte Allergiesymptome, Schwindel, Tinnitus, Halsschmerzen, Verschlechterung von Hautkrankheiten, Wut, Aggression, Paranoia, Angstgefühle, suizidale Gedanken, Koordinationsprobleme und in seltenen Fällen auch ein erhöhtes kriminelles Verhalten. Das habe ich nicht etwa erfunden, das ist wiederum in Studien gezeigt worden. Gerade hier sehen wir doch die immense Tragweite der Vernachlässigung des weiblichen Zyklus in der Medizin!
Optimierung der Lutealphase
Ernährung:
Die Ernährung in der Lutealphase kann erheblich zur Symptomlinderung beitragen. Frauen sollten ballaststoffreiche und entzündungshemmende Lebensmittel zu sich nehmen, um Blähungen zu bekämpfen, und eine bunte Vielfalt an Gemüse und Früchten einbeziehen, um wichtige Nährstoffe und Antioxidantien zu liefern. Gesunde Fette aus Avocados, Nüssen und frischem Fisch (insbesondere Lachs) können die Stimmung ausgleichen und Entzündungen reduzieren.
Um Blähungen zu minimieren, wird empfohlen, den Salzkonsum sowie kohlensäurehaltige Getränke und Kaugummi zu reduzieren. Dunkle Schokolade kann Heisshunger auf Süsses stillen und gleichzeitig Antioxidantien und Mineralstoffe liefern.
Himbeerblättertee kann dabei helfen, Krämpfe zu lindern.
Verarbeitete Lebensmittel, Koffein, Alkohol und salz- oder zuckerreiche Lebensmittel können PMS-Symptome erheblich verschlimmern. Um den Blutzuckerspiegel stabil zu halten, sollten Mahlzeiten in kleineren und häufigeren Portionen eingenommen werden.
Nahrungsergänzungsmittel wie Magnesium, Mönchspfeffer und Phosphatidylserin können bei der Symptomkontrolle helfen; Ashwagandha, Passionsblume und L-Theanin sind hilfreich bei der Stressbewältigung und Verbesserung der Schlafqualität. Probiotika können PMS-Symptome durch die Förderung des Östrogenabbaus und der Aktivität des Enzyms Beta-Glucuronidase verringern. Ich helfe Ihnen bei der richtigen Dosierung dieser Supplemente.
Bewegung:
Im Verlauf der Lutealphase sind gelenkschonendere Aktivitäten oft vorteilhaft. Pilates, nicht-kardioorientiertes Krafttraining und Yoga sind besonders hilfreich. In der ersten Hälfte der Lutealphase sollten die Workouts vorzugsweise morgens stattfinden. Mit dem Auftreten von PMS-Symptomen kann es ratsam sein, auf Abendtrainings umzusteigen. Regelmäßige Spaziergänge und Dehnübungen helfen, Stress abzubauen und die Beweglichkeit zu erhalten. Bei Angstzuständen kann das Training großer Muskelgruppen, wie Kniebeugen oder Ausfallschritte, helfen, Spannungen abzubauen und die Stimmung zu verbessern.
Wohlbefinden:
Schlaf und Ruhe sollten in der Lutealphase oberste Priorität haben, da die Müdigkeit zunimmt. Stressabbauende Techniken wie Yoga, Meditation und tiefes Atmen sind besonders hilfreich, da Angstzustände und Schlaflosigkeit häufiger auftreten. Die Reduzierung von Koffein, die Vermeidung von Blaulichtquellen und anregenden Aktivitäten sowie das Etablieren einer entspannenden Abendroutine mit einem warmen Bad und Lesen vor dem Schlafengehen können die Schlafqualität verbessern. Ein ruhiges Umfeld zu schaffen und sich auf Entspannungstechniken zu konzentrieren, kann das allgemeine Wohlbefinden in dieser herausfordernden Phase des Menstruationszyklus erheblich steigern.
Ein Hinweis zu Menstruationsstörungen
Während zyklusbasiertes Verhalten den meisten Frauen zugutekommt, ist es wichtig zu erkennen, dass Patientinnen mit Menstruationsstörungen, einschließlich schwerem PMS und der prämenstruellen dysphorischen Störung (PMDS), eine spezialisiertere Betreuung benötigen. PMDS betrifft 3-8 % der Frauen und umfasst Symptome, die das tägliche Leben und zwischenmenschliche Beziehungen erheblich beeinträchtigen können. Wichtige Unterschiede zwischen PMS und PMDS sind suizidale Gedanken, starke Angstzustände, extreme Stimmungsschwankungen, gewalttätige Ausbrüche, Apathie und Hoffnungslosigkeit. Für diese Patientinnen sollte zyklusbasiertes Verhalten in eine intensivere medizinische und psychiatrische Betreuung eingebunden werden, wenn nötig.
Zyklusverfolgung ist Pflicht.
Um natürlich überhaupt zyklisch angepasst leben zu können, muss die Frau wissen, in welcher Phase sie ist. Dazu gibt es heute tolle Apps fürs Handy, welche das deutlich vereinfachen, vor allem dann, wenn die Symptome unklar sind oder der Zyklus unregelmässig ist.
Durch die Zyklusverfolgung können Frauen Fitnessroutinen und Ruhephasen besser planen, bei Kinderwunsch den Zeitpunkt der Empfängnis präziser bestimmen und zyklusbedingte Symptome von möglichen Krankheiten unterscheiden.
Frauen durch zyklusbasierte Medizin befähigen!
Zyklusbasierte Medizin steht für einen Paradigmenwechsel in der Frauengesundheit, der die einzigartige Physiologie von Frauen und individuelle Unterschiede anerkennt und das mythische Einheitsmodell der Versorgung endgültig widerlegt. Durch die Anpassung von Ernährung, Bewegung und Lebensstil an jede Phase des Menstruationszyklus werden Frauen dazu befähigt, ihre hormonellen Schwankungen wirksam zu nutzen. Mit dem Zyklus, nicht gegen diesen ist die Devise.
Dieser Ansatz geht über die akute Symptomkontrolle hinaus und fördert ein langfristiges hormonelles Gleichgewicht, Wohlbefinden und Langlebigkeit. Zudem bietet er als wirksames Präventionsinstrument die Möglichkeit, potenzielle Gesundheitsprobleme frühzeitig zu erkennen und anzugehen, um schwerwiegendere Folgen zu verhindern.
Der Zyklus der Frau ist so wundervoll eingebettet in die Welt und die Zyklen der Welt.
Ihr Zyklus versinnbildlicht doch die Jahreszeiten unserer Umwelt. Die Frau geht jeden Monat durch die vier Jahreszeiten hindurch. Sie erneuert sich jeden Monat. Wir Männer können da nur bewundernd daneben stehen.
Menstruation = Winter: Ruhe, Reflexion, Erneuerung.
Follikelphase = Frühling: Wachstum, Kreativität, neue Energie.
Ovulation = Sommer: Höchste Energie, Fruchtbarkeit, Selbstvertrauen.
Lutealphase = Herbst: Langsames Rückziehen, Vorbereitung, Selbstreflexion.
Wie so oft entdecken wir heute wieder Dinge, die viele tausend Jahre bekannt waren. Die Menstruation und der weibliche Zyklus sind und waren seit Jahrtausenden ein Pfeiler der Gesellschaft. Das darf auch heute wieder so sein. In diesem Sinne lassen Sie und doch bewundernd innehalten, vor dem Wunder des Frau seins.
Herzlichst, Ihr
Dr. René Lüchinger